Flins

Flins (Lithographie aus "Götzenbilder der alten Sachsen und Lausitzer", 1835)
Flins (Lithographie aus "Götzenbilder der alten Sachsen und Lausitzer", 1835)

Mit Flins (auch Flinz oder Flynz) betreten wir den Bereich unsicherer Überlieferungen. Möglicherweise verbarg sich hinter "Flins" tatsächlich eine Gottheit, aber die Quellen geben keine verläßliche Auskunft, archäologische Zeugnisse fehlen, und die Etymologie kann wie die vergleichende Mythologie wenig Parallelen beisteuern. Karl Haupt berichtet 1862/63 in seinem "Sagenbuch der Lausitz" (S. 7f.) über diesen wunderlichen Gott:

 

"Eine halbe Stunde von Budissin spreeabwärts, wo sich das Thal verengt und graue Granitfelsen mit grünem Gebüsch anmuthig abwechseln, beim Dorfe Oehna an einem steilen Felsabhange stand einst das Götzenbild des slavischen Todtengottes Flins, und noch heute nennt das Volk die Stelle 'beim Abgott Flins'. Einem Todtengerippe ähnlich, mit einer Fackel oder brennenden Schale in der Hand, auf seiner Schulter ein schrecklicher Löwe, so stand der Gott auf einem steinernen Altare und rings umher in den steinigen Höhlen der Ufer  waren die Wohnungen seiner zahlreichen Priester. Wenn aber der Löwe brüllte oder die Feuergarbe brannte, dann strömten von allen Seiten die Götzendiener herbei und brachten blutige Menschenopfer dem Gotte des Todes. Wer große Vergehen abzubüßen hatte, der mußte von hier aus bis zum Tschernebog auf den Knien rutschen. Als aber die Deutschen in das Land brachen und mit Feuer und Schwert Christum predigten, da fielen alle Götzenbilder und auch der Flins wurde von dem Felsen herab gestürzt in die Fluthen der Spree. Dort liegt er noch, und wenn das Wasser recht hell und ruhig ist, kann man ihn sehen sammt seinem Löwen auf dem Grunde der Fluth. Das Wasser aber geht unter dem Felsen weg in große Höhlen und Schluchten, wo unermeßliche Schätze liegen, und schon Mancher hat danach zu tauchen versucht, doch allezeit ohne Erfolg."

 

Nicht in allen Quellen erscheint Flins als Gerippe, aber der Löwe - der im europäischen Mittelalter meist nur als heraldisches Symbol vorkommt - sitzt stets auf der Schulter dieser Märchengestalt. Haupt weist darauf hin, daß Löwen und Drachen in manchen Sagen austauschbar sind und der Drache stets als Schatzhüter auftritt. Der richtige Name müßte dementsprechend "Plon" (Drachen) gelautet haben und sei zu "Plins" und später "Flins" verderbt. Flins ist nach Haupt eine Personifikation des auf dem Tschernebog verehrten "Schwarzen Gottes". In dieselbe Richtung tendiert Carl August Jentsch, der dem "Abgott" 1869 eine längere Untersuchung in der Zeitschrift "Maćica Serbska" gewidmet hat und auf eines der sogenannten Prillwitzer Idole verweist: einen Löwen, auf dessen Rücken in Runen 'Zernebog' geritzt sei und der wahrscheinlich an einer menschlichen Figur befestigt gewesen sei. Leider sind die Prillwitzer Idole als Fälschungen entlarvt worden, und auf dem Tschernebog ist kein Kult eines Gottes nachweisbar (was natürlich noch nicht dagegen spricht).

Meschkank schließlich stellt einen indischen (bzw. ursprünglich indoeuropäischen) Bezug her und verweist auf eine Inkarnation des Vishnu, die zur Hälfte als Löwe und zur Hälfte in Menschengestalt erscheint (Wendengötter, S. 93). Den Namen Flyns leitet er aus dem niedersorbischen Wort für Sonne słyńco ab (S. 89). Zu einem Sonnengot paßt das Löwenattribut, weniger allerdings die Deutung als finsterer Gott der Toten, der Unterwelt und der verborgenen Schätze. Vielleicht läßt sie sich aus der verzerrenden Darstellung christlicher Missionare erklären.